Köln, der Mittelpunkt der Welt? Im Mittelalter waren viele Kölner davon überzeugt und auch heute ließe sich mit dem ein oder anderen Kölner sicher herrlich darüber philosophieren. Wir waren vor kurzem zu Gast auf dem Dach des Kölner Doms und haben an einer Domdachführung teilgenommen.

Fest steht, der Dom ist Mittelpunkt der Stadt, historisch, touristisch, aber auch vermessungstechnisch. Genau unter dem Vierungsturm liegt er nämlich, der sogenannte Trigonometrische Punkt der europäischen Gradmessung von 1867, greifbar auf 70 Meter Höhe, auf der Aussichtsplattform des Turmes über der Vierung geschützt durch einen kleinen eisernen Tisch. Zur Folge hat dies, dass, gibt man im Navigationsgerät „Köln“ ohne nähere Straßenangabe ein, die nette Stimme einen quasi direkt in den Dom hinein führt und erst dort verkünden müsste „Sie haben Ihr Ziel erreicht“. Wenn einem dabei nicht die Schamesröte ins Gesicht steigt ob der verwunderten Blicke der Touristen oder gar Gläubigen, dann könnte man als Fußgänger das glatt mal ausprobieren.

Wir jedenfalls finden es großartig, dass schon vor über 750 Jahren Meister Gerhard daran gedacht hat, nur hundert Meter von unserem heutigen Büro entfernt ein solch imposantes Bauwerk zu setzen – und dass, obwohl wir alle keine wirklich waschechten Kölner sind. Rheinländer oder NRW-ler vielleicht, aber auch das nur zum Teil. Seit unserer Dombesteigung ist mir jedoch Köln wieder ein kleines Stück näher gekommen.

Höhe schätzen für Fortgeschrittene

Ich bin im Schätzen von Höhen und Entfernungen ja generell eher schlecht, aber der Kölner Dom mit seinen zwei, weit über die Grenzen Kölns bekannten und mit vielerlei Zierrat versehenen Türmen, macht es einem auch nicht einfach. Am Fuße des Spitzdaches ist man gerade mal auf ca. 60 Metern Höhe, das heißt, bis zur obersten Verzierung der Türme sind es noch immer kanpp einhundert Meter.

Wer hier oben die Augen aufmacht, blickt nicht nur vom Dom aus weit über die Dächer Kölns, sondern auch in die Geschichte. In 600 Jahre Bau-, Wiederaufbau- und Restaurierungsgeschichte um genau zu sein. Jahreszahlen und für die jeweilige Zeit bedeutende Symbole sind in den Stein geritzt und geben Zeugnis der verschiedenen Bau und Ausbesserungsepochen. Gerade letzteres, das Instandhalten des Schmuckstückes ist mit enormen Aufwand verbunden, denn damit das touristische Fotomotiv nicht komplett hinter Baugerüsten verschwindet, werden frei schwebende Gerüste an den Türmen angebracht. Der Kran, der die einzelnen Teile in die Höhe reicht, kann nur auf dem extra dafür verstärkten Bahnhofsvorplatz. Es darf gern mal geschätzt werden, wie lang der Kranausleger von dort bis zu Nord- oder Südturm sein muss.

„Daß es hinter dem Horizont weitergeht, ist eine Erkenntnis, die sich seit den Tagen Galileo Galileis allmälich durchgesetzt hat. Daß es sich mit den Gewölben des Kölner Domes ähnlich verhalten könnte, ist ein Gedanke, der die Vorstellungskraft der meisten Dombesucher übersteigt.“
(Klaus Hardering, Jenseits der Gewölbe)

Ganz schon windig auf dem Dach des Kölner Doms

Über eine schmale Wendeltreppe geht es hoch in den Vierungsturm, zum bereits erwähnten Trigonometrische Punkt, wo der Wind eisig um die Ohren weht. Nach Aussicht genießen und Gruppenfoto schießen geht es über eine noch schmalere und dunkle Treppe wieder hinab und hinein in den Dom. Besonders groß oder breit darf man nicht sein, wenn man sich in den Höhen des Doms aufhalten will. Ganz anders als im weiten Schiff der Kirche, wo man sich schon mal ganz klein vorkommen kann.

Wenn ich jetzt jeden Tag am Portal vorbei zum Bahnhof gehe, muss ich weiterhin über alle Touristen mit ihren Smartphones am Selfiestick schmunzeln, aber verliere doch den ein ein oder anderen respektvollen Gedanken an die Erbauer des Doms, an die Architekten und Steinmetze, die Dimensionen und Feinheiten. Beim nächsten Besuch geht es vielleicht in die „Unterwelt“, denn auch dort bietet die Dombauhütte interessante Führungen an, zum Beispiel durch die Domschatzkammer oder die Ausgrabungen aus der römischen Zeit.

Vielen Dank an dieser Stelle an die reizende Domführerin, die uns auf sehr angenehme Weise mit noch viel mehr Informationen gefüttert hat, als ich hier wiedergeben könnte.

Die Idee zum Ausflug auf das Dach des Kölner Doms kam übrigens von Jo, als Ausgleich für die ausgefallene Weihnachtsfeier.

Highländer Reisen auf dem Dach des Kölner Doms

Führungen buchen

Auf und im Dach, also zwischen Gewölbeoberseite und dem bleigedeckten Dach, welches man von außen sieht, wird jeden Tag gearbeitet, weshalb Führungen montags-freitags erst ab 16:00 Uhr stattfinden können.

Führungen über das Hohe Dach des Kölner Doms werden durchgeführt von der Dombauhütte, nur online buchbar unter: www.domfuehrungen-koeln.de/Dach

Teilnahme als Einzelperson

Dauer:        ca. 1,5 Stunden
Gebühr:     15,00€/Person; zu entrichten in bar am Tag der Führung bei der/dem Führenden
Treffpunkt: an der Westseite des Domes, vor dem Hauptportal (Mitte)

Nachlese

„Jenseits der Gewölbe – Ein Führer über die Dächer des Kölner Doms“
Autor: Klaus Hardering
Verlag: Kölner Dom