Als ich im sehr ansprechend gestalteten Kochbuch Meine grüne Speisekammer der schwedischen Jungbäuerin und Foodbloggerin Karoline Jönsson (gronaskafferiet.se) von der uralten Tradition des Birkensaft-Zapfens gelesen habe, war ich kurz davor, mit scharfem Messer, Kanister und Schlauch ausgerüstet die nächstbeste Birke aufzusuchen.

Ich habe mir Gedanken gemacht, ob man das so einfach darf oder eine Erlaubnis vom Besitzer braucht. Wie man überhaupt herausfindet, wer der Besitzer sein könnte. Und was die deutschen Behörden mit einem anstellen, wenn man beim illegalen Anzapfen erwischt wird („Ausgelacht“ war dabei jedenfalls die harmloseste Theorie).

Ich habe mir ausgemalt, wie ich zwischen den markanten weißen Stämmen herumstreife, habe den weichen Waldboden unter den Füßen quasi schon gespürt, ebenso den Geruch von Erde und Grün in der Nase. Ich habe Rezepte gesucht, denn den Birkensaft kann man nicht nur pur genießen, sondern zu Wein verarbeiten oder zu Sirup einkochen.

Voller Tatendrang und dann…

Sommer! Birkensaft löst Kokoswasser, das It-Getränk des Sommers 2015, ab und ist von nun an fix und fertig im Tetrapack bei bekannten Drogerieketten erhältlich – in Bioqualität und in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Es wird in bunten Frauenmagazinen beworben und ob der Wunderwirkungen hochgelobt.

Und ich… keine Lust mehr. Die heimelige Vorstellung von naturverbundenen Schweden und Schwedinnen, die durch lauschige Birkenwälder streifen und ihren uralten Traditionen folgend, sich den Möglichkeiten die die Natur bietet hinzugeben, dahin. Abgelöst von den Bildern junger Mädchen, die ansonsten sicher auch selbstgedrehte Schminktutorials auf YouTube veröffentlichen und jetzt begeistert neben ihrem letzten Primark-Einkauf auch noch den letzten Schrei in Sachen Sommergetränk kommentieren müssen.

Jeder Sommer hat einmal ein Ende

Zum Glück wechseln Trends häufig so schnell, dass manch einer nicht einmal mitbekommen hat, dass es überhaupt angesagt war. Der Sommer ist vorbei, das Trendgetränk des Herbstes ist sicherlich irgendwas Wärmeres oder was mit Hochprozentigem und welches Wasser nächstes Jahr mehr Vitalität und Schönheit verspricht… vielleicht mal das direkt aus der Leitung?

Wie auch immer, wenn es nicht mehr „in“ ist, könnte man es glatt mal versuchen. Zu wissen, wie es geht, kann ja auch nützlich sein, sollte man sich mal in einem Birkenwald verlaufen und kurz vor dem Verdursten sein. Meine Lust auf das Wässerchen bzw. das Anzapfen der Birken ist jetzt also urplötzlich wieder da. Nur leider zu spät, denn für einen frischen Geschmack, die volle Ladung guter Inhaltsstoffe und zum Wohl der Bäume sollte man den Birkensaft im Frühjahr, nach dem Bodenfrost und vor den ersten Blättern ernten.

Unser kleiner Birkensaft-Test

Birkensaft im Test

Ein kleiner Nachtrag vom 16.11.2016: Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen, das hochgelobte Getränk auch einmal selber zu probieren. Zwar nicht selbst gezapft, sondern fertig aus der Flasche, aber immerhin war es Birkensaft. Fazit von Ramona: „Kann man trinken, muss man aber nicht“. Schmeckt in erster Linie sehr süß, zwar nicht schlecht, aber haut uns nicht wirklich vom Hocker. Wer trotzdem neugierig ist, der sollte Birkensaft dennoch mal probieren, denn Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.e

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