Die Trolltunga ist ein spektakulärer Felsvorsprung im Westen Norwegens und zweifelsohne eine der beeindruckendsten Klippen in ganz Europa. 700 Meter schwebt man auf der Felsspitze über dem Stausee Ringedalsvatnet. Für Abenteuerlustige gibt es neben der klassischen Wanderung auch einen lohnenswerten Klettersteig über den man die Trolltunga erreichen kann: Den Himmelstigen.

In der vergangenen Woche hat unsere geschätzte Kollegin Nele bereits über ihre Wochenendaktivitäten und wie sie sich beim Trekking in der Eifel vom Bürostress erholt, berichtet.

Auch mich hat es vor kurzem raus in die Natur gezogen, einfach mal dem Alltag für einige Tage entfliehen. Dieses Mal standen Bergen und das schöne Fjordnorwegen auf dem Programm. Klar, dass da auch die Trolltunga nicht fehlen durfte, bin ich doch bisher noch nicht in den Genuss dieser beeindruckenden Natursehenswürdigkeit gekommen. Meinen abenteuerlichen Weg über den Himmelstigen auf die Trolltunga habe ich nicht nur auf Fotos, sondern auch in bewegten Bildern festgehalten.

Und während in Deutschland schlimmste Unwetter über das Land hinweggezogen sind, erwarteten uns Bergen und die Trolltunga bei feinstem Sonnenschein, blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen. Wichtigstes Utensil im Gepäck war also eindeutig die Sonnencreme.

Los geht’s: Der Himmelstigen ruft!

Wir beginnen unsere Tour in Skjeggedal, dem Zentrum für sämtliche Aktivitäten rund um die Trolltunga. Hier gibt es einen kleinen Shop mit Cafeteria sowie eine Touristeninformation. Außerdem findet man hier auch Toiletten und einen kostenpflichtigen Parkplatz. Übrigens: Während Skjeggedal auf knapp 500 Metern liegt, wartet die Trolltunga in etwa 1.250 Meter Höhe auf uns.

Zunächst führt uns unser Weg per Fahrrad etwa sieben Kilometer entlang des Ringedalsvatnet. Zum Glück hat es in den letzten Tagen wenig geregnet, denn der Schotterweg ist ganz schön hügelig, kreuzt einige Bäche und auf der rechten Seite geht es steil runter zum See. Bei Regen sicherlich kein Vergnügen. So ist die Fahrt aber eine tolle Einstimmung auf die bevorstehende Tour. Trotzdem komme ich schon ganz schön ins Schwitzen, dabei hatte der nette Norweger am Abend vorher im Hotel doch noch etwas von einer einfachen Fahrradfahrt erzählt. Zugegeben, ich bin sicherlich nicht der Sportlichste in unserer Gruppe, aber einige erste Schweißperlen auf der Stirn habe ich bei jedem entdeckt.

Über Stock und Stein zur Himmelsleiter

Aber so richtig anstrengend soll es erst jetzt werden. Denn irgendwie wollen 750 Höhenmeter ja auch überwunden werden und das sicherlich nicht ausschließlich am Klettersteig. Der Einstieg zur Wanderung begrüßt uns bereits mit einigen Leitersprossen, wie wir ihnen auch später am Himmelstigen wiederbegegnen werden. Anschließend geht es durch ein ausgetrocknetes Flussbett steil und stetig bergauf. Netterweise sind an besonders rutschigen Abschnitten Seile zur Hilfe angebracht worden. Immer wieder machen wir kurze Stopps und füllen unsere Flasche mit eiskaltem klarem Wasser auf, bevor wir irgendwann endlich am großen Etappenziel ankommen.

Das Highlight: Ab auf den Himmelstigen!

Wir stehen also nun vor den ersten Sprossen des Himmelstigen und während die letzten noch nach Luft schnappen geht es auch schon los. Auf uns warten jetzt etwa 150 Höhenmeter, die nahezu senkrecht nach oben überwunden werden wollen. Und weil der menschliche Körper in der Regel keine senkrechten Wände hochlaufen kann, hat man hierfür Metallsprossen bzw. Trittklammern in den Felsen gehauen, die einem das Ganze erleichtern sollen.

Und ganz so schwer wie anfangs vermutet gestaltet sich das Ganze dann tatsächlich nicht. Zwar habe ich doch einiges an Wandererfahrung und habe auch schon der einen oder anderen Kletterhalle mal einen Besuch abgestattet, aber das war für mich trotzdem absolutes Neuland. Immer wieder gibt es kleine Felsvorsprünge, die zum kurzen Verschnaufen einladen bevor die nächste kleine Himmelstigen-Etappe beginnt. Bereits nach wenigen Metern kommt eine gewisse Routine rein und das Zusammenspiel von Füßen, Händen, Karabinern und Leitersprossen funktioniert schon fast wie von selbst. So kommt man sogar in den Genuss der wunderbaren Natur und des wunderbaren Ausblicks, der sich einem während des Aufstiegs am Himmelstigen bietet.

Endlich am Ziel – Hallo Trolltunga!

Endlich oben angekommen trennen uns vom Himmelstigen nur noch wenige Meter von unserem eigentlichen Ziel und Grund, warum wir überhaupt über irgendwelche Felsen geklettert und uns in irgendwelche Steilwände gehängt haben: Die Trolltunga! Die Sonne begrüßt uns auf dem Plateau angekommen von ihrer schönsten Seite und spätestens beim ersten Anblick des Schnees ist die Sonnenbrille schnell aufgesetzt.

Und dann sind wir endlich da! Wir sehen die berühmte Trolltunga, die ihre steinerne und überdimensionierte Zunge fast 700 Meter über den Ringeldalsvatnet der Sonne entgegen streckt. Alle Anstrengungen des Anstiegs sind binnen weniger Sekunden vergessen und wir machen es uns für unser ausgiebiges Lunch bequem.

Anschließend steht dann natürlich das obligatorische Erinnerungsfoto an. Dazu reiht man sich brav in die Schlange der wartenden Menschen ein und hat so zumindest einige Sekunde die Trolltunga ganz für sich alleine. Und während der eine versucht für das Postkartenmotiv eine besonders außergewöhnliche Pose einzunehmen, stehe ich erst einmal nur da und genieße den atemberaubenden Ausblick. Vermutlich ähnlich versteinert wie die Zunge des Trolls auf der ich gerade stehe.

Und spätestens jetzt bin ich mir sicher: Jeder einzelne Schritt, jede einzelne Leitersprosse hat sich gleich doppelt gelohnt! Gleich doppelt weil es denselben Weg natürlich auch noch einmal zurück geht, ewig können wir nämlich leider nicht hier oben bleiben.

Alternative: Der normale Wanderweg

Wem das „Abenteuer Himmelstigen“ doch ein wenig zu heikel und abenteuerlich ist, der hat auch noch auf anderem Wege die Möglichkeit, die Trolltunga zu entdecken. Skjeggedal, das Trolltunga-Zentrum, ist ebenfalls Ausgangspunkt der klassischen Wanderung zur Trolltunga.

Für die anspruchsvolle Wanderung sollte je nach Fitnesslevel und Wandererfahrung 8 bis 12 Stunden eingeplant werden. Von Sjeggedal bis zur Trolltunga sind es über den Wanderweg etwa 11 km bis zum Ziel, hin und zurück also ca. 22 km. Zu bewältigen ist wie auch beim Himmelstigen ein Höhenunterschied von ca. 750 Metern.

Fazit: Verdammt anstrengend, aber es lohnt sich

Schwindelfrei sollte man sein, wenn man sich an den Himmelstigen wagt. Und ein wenig körperliche Fitness und Glück mit dem Wetter sollte man auch haben. Aber wenn diese drei Faktoren zusammenkommen, dann ist einem ein unvergessliches Erlebnis garantiert. Und neben dem reinen Klettern kombiniert man mit dem Fahrradfahren und der Wanderung gleich noch zwei weitere Aktivitäten in der Natur Norwegens.

Übrigens: Auch für Einsteiger und Neulinge im Klettergeschäft eignet sich der Himmelstigen. Dann sollte man aber auf eine geführte Tour zum Himmelstigen von Trolltunga Active zurückgreifen. Erfahrene Guides zeigen nicht nur den Weg, sondern auch die Grundlagen des Kletterns und die richtigen Techniken.

Aber auch erfahrene Kletterer kommen sicherlich auf ihre Kosten. Für sie mag dann vielleicht nicht der Klettersteig selbst im Vordergrund stehen, aber der Himmelstigen bietet eine tolle Möglichkeit, den Aufstieg zur Trolltunga abwechslungsreich zu gestalten und die schöne Landschaft ganz besonders zu genießen. Für die Instandhaltung des Klettersteigs zahlen Kletterer, die die Tour auf eigene Faust machen, 150 NOK im Shop in Skjeggedal.

Wer die Trolltunga besuchen möchte, sollte sich hierfür möglichst einen Termin zum Beginn oder Ende der Saison (Juni bis Mitte Oktober) aussuchen, denn in der Hauptsaison werden bis zu 1.500 Gäste am Tag erwartet und bereits jetzt Anfang Juni war auf dem Bergplateau schon einiges los. Früh aufstehen und früh starten lohnt sich also!