Es ist Mittwoch, Aschermittwoch um genauer zu sein, und mein lieber Kollege Chris und ich haben beschlossen, zu fasten. So richtig, mit nur noch Brühe und sonst nix. Die Beweggründe sind reinstes Klischee: Chris will seinem Körper nach den durchfeierten Karnevalstagen mal was Gutes tun, ich will die Tage zum Anlass nehmen, meinen Schoko-/Kuchenkonsum drastisch zu reduzieren. Wie es uns beim Aufräumen des ICHs so ergeht? Wir sind selbst wohl am gespanntesten.

Weder Chris noch ich haben uns für die Fasterei nach Karneval bis Ostern aus religiösen Gründen entschieden. Demnach gelten im Christentum die 40 Tage Fastenzeit bis Osten als Zeit der Buße, in denen man nur eine Mahlzeit am Tag zu sich nehmen soll und auf Fleisch, Alkohol und süße Backwaren verzichtet wird. Heutzutage nutzen unter dem Motto „7 Wochen ohne“ viele freiwillig die Zeit auch, um z.B. ihren Medienkonsum (Fernsehen, Soziale Netzwerke) einzuschränken und der BUND für Umwelt- und Naturschutz ruft zum Plastikfasten auf.

Wir wollen zumindest was das Essen betrifft noch einen Schritt weiter gehen, und fangen die Fastenzeit mit einer Woche Heilfasten an. Dabei wollen wir auch schauen, ob und wie es uns im Büroalltag beeinflusst. Quasi den Minimalismus am eigenen Körper spüren. Werden wir grummeliger, fahriger, unkonzentrierter oder gar das komplette Gegenteil?

Zitat Chris an Tag Null „Ich glaub, ich werd sterben.“ – Männer, wehleidig, bevor es überhaupt angefangen hat.

Donnerstag – 1. Entlastungstag

09:10 Uhr: „Ich glaube, ich brauch jetzt schon Kaffee.“

Schön sitzen wir uns gegenüber, jeder mit „leichter Kost“ in Tupperdosen ausgestattet: Quark mit Obst, Salat, gedünstetes Gemüse. Eigentlich gar nicht schlecht und bis auf das Fehlen des Kuchens auch nicht neu auf meiner Seite. Die andere Tischseite ist jedoch ein ungewohnter Anblick, da Chris normalerweise gar nicht frühstückt oder nur einen Smoothie oder, wenn er sich am Vorabend beim Sport ausgepowert hat, Cola & Kartoffelsalat. Der Tag wird doch ein Kinderspiel.

9:50 Uhr: „Ich mag überhaupt keinen Quark!“

14:00 Uhr: Chris hat Kopfschmerzen und ich festgestellt, dass ich ab kommender Woche Mittwoch gar nicht im Büro, sondern auf einer Messe bin. Naja, das Hotel ist eh ohne Frühstück gebucht, als hätte ich es geahnt.

19:00 Uhr: Auch ich habe jetzt Kopfschmerzen. Da es regnet, verzichte ich aber auf einen Spaziergang. Frische Luft gönne ich mir durchs geöffnete Fenster. Nicht genau das, was die Brigitte vorschlägt, aber besser als nix, oder?

Freitag – 2. Entlastungstag

Ich habe geschlafen wie ein Stein und es hätte gern länger sein dürfen. Fühle mich nicht anders als an anderen Arbeitstagen. Der Regen ist einem klaren, sonnigen Morgen gewichen, was schon allein die Stimmung enorm hebt. Die nassgrauen Winter in Köln sind aber auch deprimierend.

13:00 Uhr: Ich halte mich an den Plan und genieße Kartoffeln und gedünstetes Gemüse, Chris ist jetzt schon auf nur Brühe umgestiegen.

14:00 Uhr: Wir haben einen Reiseleiter zu Besuch und können ihm schon ganz ohne Neid Kaffee & Schoki anbieten.

16:00 Uhr: Eine gute Viertelstunde am Rhein spazieren gegangen und über die verschwindend geringe Halbwertszeit von Toffifee in unserer Nähe philosophiert.

„Nö, geht. Aufs Essen kann ich gut verzichten.“ Ein wenig Bammel haben wir aber doch, denn morgen heißt es glaubern und Darm entleeren. Lecker.

Samstag – 1. Fastentag

8:00 Uhr: Wir sind wach und haben beschlossen, die Darmreinigung nicht lange vor uns hin zu schieben. Mein Freund fand das in Wasser aufgelöste Glaubersalz gar nicht so schlimm, ich habe mich trotz des Saftes einer ganzen Zitrone Schluck für Schluck gequält.

12:00 Uhr: Wir sind leer und machen einen Bummel durch die Stadt.

16:00 Uhr: Hunger und Gelüste halten sich auf vernachlässigbarem Niveau. Wir haben uns in der Stadt trotzdem je einen halben frisch gepressten (und unverdünnten) Melone-Erdbeer-Karotten-Apfel-Saft gegönnt. Ist schließlich Wochenende.

Sonntag – 2. Fastentag

9:00 Uhr: „Yeah, ich entgifte!“ Wir liegen im Bett, machen den von der Brigitte vorgeschlagenen Leberwickel und wandern in Gedanken den Olavsweg im SWR-Fernsehen mit.

Der Plan ist heute noch ein echte Runde Wandern zu gehen. Werden dazu wohl nicht auf die Regensachen verzichten können.

15:00 Uhr: wir hatten eigentlich noch Kino geplant, aber nach der Wanderung hab ich ein wenig gefröstelt und nachdem ich mich mit heißer Dusche und Bettdecke aufgewärmt habe, ist die Motivation noch einmal das Haus zu verlassen gleich Null.

Montag – 3. Fastentag

Chris ist sauer, weil mir das Fasten anscheinend nichts ausmacht. Während ich mich weder besser noch schlechter als sonst fühle, leidet er immer wieder an Kopfschmerzen und sehnt sich, glaub ich, schon nach etwas zu essen.

Da am Samstag bei ihm eine Feier ansteht, wird er wohl schon am Donnerstag, also zwei Tage früher als geplant, mit den Aufbautagen beginnen.

Dienstag – 4. Fastentag

Ich warte auf das vielbeschriebene euphorische Hoch oder das Fastentief. Bisher nix. Außer 3,5 kg weniger.

Mittwoch – 5. Fastentag

Ich glaube, ich habe meinen Appetit verloren. Schaue den ganzen Tag auf Dänische Hotdogs, süße Teilchen, Softeis und Bier… Null Interesse.

Donnerstag – 6. Fastentag

Chris wird heute das Fasten brechen.

„Kit Kat Chunky, Erdbeerjoghurt, Apfel und Nüsse. Und gleich trink ich ’nen Kaffee, denn ab jetzt sch… ich aufs Fasten.“

Ich mach weiter. Warum genau, kann ich gar nicht sagen. Denn schon 3 oder 5 Tage ohne Essen hatte ich für mich als Herausforderung gesehen. Warum also? Weil ich kann, es mir nicht schlecht geht, es irgendwie bequem ist? Vielleicht bringe ich auch einfach nur gern zu Ende, was ich angefangen haben.

„Alter, du bist zu krass.“

Montag – alles vorbei – ein Fazit

Ich bin enttäuscht: keine Euphorie, kein Tief, keine anderes Wahrnehmen der Umwelt oder der Speisen. Eigentlich wie immer, nur ohne Essen.

Nach insgesamt 12 Tagen, davon 7 ohne feste Nahrung, also nur stilles Wasser, Kräutertee, Brühe und ab und an verdünnte Obst- und Gemüsesäfte, kann ich feststellen, dass es leichter ist als gedacht. Ich hatte am Anfang häufiger das Gefühl mir die Zähne putzen zu müssen, um einen frischeren Geschmack in den Mund zu bekommen und abends hab ich kurzzeitig leichter gefröstelt, aber ich habe nicht den Eindruck, fitter, wesentlich schwächer, launischer oder (un)konzentrierter gewesen zu sein. Nicht über jenes Maß hinaus als unter normaler Nahrungsaufnahme.

Aber ich bereue es nicht, denn immerhin ist der Schokohieper aktuell weg.

Übrigens: Fasten liegt voll im Trend, wie das Titelthema des aktuellen GEO-Magazins beweist.