...als in Irland? Wohl kaum!

Aber wie ist es eigentlich, wenn man sich seinen Traum erfüllt und in das Land auswandert, das man bislang weitestgehend nur aus dem Urlaub kennt? Für gewöhnlich mit einem ordentlichen Budget ausgestattet, um es sich richtig gutgehen zu lassen. Für zwei Wochen im Sommer mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf gutes Wetter. Die wichtigsten Vokabeln aufgefrischt, um sich durch die Speise- und Getränkekarte zu fragen und notfalls, mit viel Mut, einen Einheimischen nach dem Weg.

Zugegeben, ganz so erging es mir nicht und meine Englischkenntnisse waren lediglich etwas eingestaubt. Dennoch war ich mir sehr wohl bewusst, dass ich Irland nach wie vor durch eine rosarote Brille sah – oder sagt man in dem Fall eher eine zartgrüne!?

Fakt ist, der Alltag kommt bestimmt und somit eine veränderte Sichtweise auf die Dinge. Und ja, woanders ist das Gras immer grüner, denn es ist schließlich einfacher in idealisierten Erinnerungen zu schwelgen oder romantische Zukunftspläne zu schmieden, als sich realistisch in der Gegenwart etwas aufzubauen.

Aber man muss besagte Brille, welche Farbe sie auch nun immer hat, ja nicht gleich absetzen. Schließlich hatte man seine Gründe für’s Auswandern. (Es sei denn man wollte einfach nur ins Fernsehen und sich dort mal richtig zum Deppen machen.) Und diese sollte man sich gelegentlich vor Augen führen, falls die Brillengläser einmal beschlagen sind.

Der innere Schweinehund reist mit

In meinem Fall waren sie wohl eher verregnet als ich bei miesem Wetter an einem Samstag in meinem inzwischen vollständig eingerichteten 1-Zimmer-Apartment saß. Und es kamen mir Gedanken wie „In Hamburg wüsste ich jetzt was ich mache“, was natürlich so nicht stimmt. Denn egal wohin es einen verschlägt, was man immer im Gepäck hat, sind seine eigenen Launen und den berühmt-berüchtigten, inneren Schweinehund.

Meiner war an diesem Tag mit mir auf Kriegsfuß; es mussten also andere Gedanken her, um mich von der Couch hochzubekommen. Mies gelaunt zu Hause zu sitzen war keine Option! So grübelte ich noch ein Weilchen vor mich hin und mir kam der stürmische Strandspaziergang in den Sinn, den ich bei meinem letzten Besuch als Tourist, entlang des Killiney Beach, unternommen hatte. Ich hatte damals nur noch 1 Tag bevor es zurück nach Deutschland ging und den wollte ich nicht im Hotelzimmer verbringen. Das Wetter und auch meine Stimmung als ich an jenem Morgen aufwachte, waren etwa gleichermaßen schlecht.

Aber ich erinnerte mich auch an das Gefühl danach, als der heiße Kaffee doppelt so gut schmeckte und ich mir das kalorienreiche Stückchen Kuchen ehrlich verdient hatte. Zumindest kann man sich das einreden, wenn man ca. zwei Stunden bei Gegenwind durch knöcheltiefen Sand gestapft ist und sich aller 100 Meter nach Muscheln und Steinen gebückt hat, die dann wiederum die Jackentaschen in Schwergewichte verwandeln.

Alles richtig gemacht

Ich gebe zu, den „athletischen Teil“ hätte ich dieses Mal gern übersprungen, aber so funktioniert das nun mal nicht. Zudem gab es immer noch genügend Orte in und um Dublin, die ich noch nicht erkundet hatte. Und ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, ob ich jetzt bei Nieselregen das Haus verlassen wollte, saß ich auch schon in der Dart (der „S-Bahn“ von Dublin) gen Süden.

Nach dem obligatorischen Strandspaziergang – allein schon um dem mitgereisten „Schweinehund“ eins auszuwischen – verschlug es mich in das kleine Örtchen Dalkey, ca. eine halbe Stunde südlich von Dublin. Sehr zu empfehlen ist dort im übrigen die Führung im Dalkey Castle, wo einen statt staubtrockener Zahlen & Fakten, als Burgbewohner verkleidete Schauspieler erwarten und einen mit auf Tour durch das alte Gemäuer und sozusagen zurück in das 15. Jahrhundert nehmen.

Für Bewegung an der frischen Luft und Kulturprogramm gab es ein ergebenes Nicken vom zuvor erwähnten Schweinehund und für mich einen großen Cappuccino, den ich letztendlich sogar unter freiem Himmel genießen konnte. Also alles richtig gemacht.

Dieser Tag zeigte mir mal wieder, dass man selbst bestimmt wie grün das Gras ist und dass ein paar umgeknickte Halme noch kein Grund sind, die ganze Wiese aufzugeben oder ihren Gärtner in Frage zu stellen.

Gastartikel – Wer hat’s geschrieben?

Sylvia hat und hatte beruflich schon immer mit Irland zu tun. Anfang 2014 hat sie sich ihren Traum erfüllt und ist auf die Grüne Insel ausgewandert. Sie berichtet, sozusagen direkt „von der Quelle“, über’s Auswandern im Allgemeinen, den irischen Alltag, gibt Tipps für Ausflüge und die ein oder andere Pubempfehlung.

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